Bei einer Demonstration gegen die Entlassung von mehr als 300 Mitarbeitern der Universität Ankara haben Sicherheitskräfte Tränengas und Gummigeschosse eingesetzt und mindestens 12 Personen festgenommen. Bis zu 1000 Protestierende hatten versucht, trotz Polizeisperren auf das Gelände der Universität zu gelangen.
Seit dem gescheiterten Coup-Versuch im vergangenen Juli wurden in der Türkei über 120.000 als Gefährder eigestufte Personen entlassen und Zehntausende verhaftet. Viele der nun betroffenen Akademiker waren offenbar wegen eines regierungskritischen Aufrufs zur Beendigung der Militäroperationen in den Kurdengebieten aufgefallen.
“Hier findet leider ein Angriff auf eine der ältesten Universitäten der Türkei statt”, so der CHP-Abgeordnete Veli Agbaba am Rande der Demonstration. “Ich glaube, sie machen den Weg für das Referendum frei. Sie versuchen, alle Gegner zum Schweigen zu bringen.”
Am 21. Januar hatte die Regierungspartei AKP ihre umstrittenen Verfassungsreformen zur Einführung eines Präsidialsystems mit Stimmen der nationalistischen MHP durchs Parlament gebracht.
Damit die schrittweise Umsetzung beginnen kann, muss nun das Volk die Reform mit einfacher Mehrheit bewilligen. Als Termin hat Präsident Erdogan den 16. April angesetzt – kurz bevor der jetzt geltende Ausnahmezustand abläuft, wenn er nicht vorher beendet oder verlängert wird.
Auf einer Kundgebung für die Reform kündigte Erdogan am Freitag erneut an, im Fall einer Ja-Votums beim Referendum auch die Todesstrafe wieder einzuführen. Sie ist nicht Teil der Verfassungsreformen und steht am 16. April auch nicht zu Abstimmung auf den Zetteln. Aus Sicht der EU wäre der Beitrittsprozess der Türkei mit der Wiedereinführung der Todesstrafe beendet.