Wenn die Regierung legal hackt: Großbritanniens Supervorratsdatenspeicherung

2017-01-27 5

Ein neues Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung sorgt in Großbritannien für Aufruhr. Nicht nur den Gegnern im Vereinigten Königreich und im Ausland geht es zu weit: Auch der Europäische Gerichtshof verurteilte es als unangemessen. Doch wo liegt die vernünftige Grenze zwischen Terrorismusabwehr und Datenschutz? Und inwieweit nützt die Internet-Überwachung wirklich zur Verbrechensbekämpfung?

“Kann ich mal Ihr Handy sehen?”
“Warum?”
“Ich möchte mir bloß ein detailliertes Bild von Ihnen machen, Ihren e-Mails, SMS, Ihren Anrufen, Fotos… Ich hacke bloß Handys, schmökere ein bisschen… logge mich in Ihr Bankkonto ein… hacke Ihren Server…”

“Würden Sie einen Fremden in Ihr Telefon lassen? Das Schnüfflergesetz lässt Ihnen keine Wahl.” Mit diesem Clip schlägt die britische Bürgerrechtsorganisation Liberty Alarm. Das neue Gesetz zur Internetüberwachung und Vorratsdatenspeicherung in Großbritannien sorgt für Aufruhr. Es soll der Regierung im Kampf gegen Terrorismus und Organisiertes Verbrechen dienen.

Der neue Investigatory Powers Act, der im Dezember in Kraft trat, gestattet Polizei, Geheimdiensten und gut vierzig anderen Regierungsbehörden Einblick in private Internetverbindungen, ohne Durchsuchungsbefehl. Selbst der nationale Gesundheitsdienst, die Lebensmittelaufsicht und die Rentenkasse haben Zugriff. Big Brother is watching you.

.libertyhq have now raised nearly £50,000 to fund a challenge to the Investigatory Powers Act (#IPAct) https://t.co/fHY0ra3PZM— InfoLawCentreIALS (@infolawcentre) 16 janvier 2017

Liberty-Aktivistin Silkie Carlo warnt: “Unsere Kommunikationsdaten, E-Mails, Anrufe, SMS, an wen und wann, und all unsere Internet-Aktivität können selbst für Ermittlungen bei unerheblichen Straftaten eingesehen werden. Die Überwachungsstellen brauchen noch nicht einmal die Zielobjekte zu identifizieren – Polizei und Geheimdienste können also einen Computer oder tausende Computer hacken, ohne die Zielpersonen zu benennen. Zudem müssen sie diesen nicht mitteilen, dass sie überwacht wurden. Was bedeutet, dass tausende Menschen, in deren Privatleben eingegriffen wird, deren Telefone gehackt und deren Gespräche abgehört wurden, das nicht einmal wissen und nie davon erfahren werden.”

Zu den besonders umstrittenen Regelungen gehört die Verpflichtung für Telekommunikations- und Internetanbieter, die Daten über Online-Aktivitäten ihrer Kunden zwölf Monate lang zu speichern.

EU-Gerichtshof: Nur gezielte Überwachung bei schweren Straftaten

Der Europäische Gerichtshof hat diese generelle, unterschiedslose Datenspeicherung prompt als zu weitgehend und für eine Demokratie nicht gerechtfertigt verurteilt. Nur gezielte Ermittlungen bei schweren Straftaten seien gerechtfertigt. Doch auch wenn Großbritannien noch zur EU gehört – so schnell will die Regierung sich nicht geschlagen geben. Sie will erneut Berufung einlegen.

Mal sehen, wann sich die Politik bei der illegalen Datenspeicherung bewegt. https://t.co/tqKXYo7ALt #1984— T Hochscherf (@THochsch