Mario, Google und die Folgen: Das Recht auf Vergessen

2017-01-26 12

Im kommenden Frühjahr ist es soweit, dann – ab Mai 2018 – treten die neuen europäischen Regeln für einen besseren Schutz der Privatsphäre im Internet in Kraft. Nach einem wegweisenden Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofes hat die Europäische Union fast so etwas wie eine digitale Revolution für verbesserte Datenschutzregeln in die Wege geleitet. Suchmaschinen müssen dem neuen Regelwerk ebenso Folge leisten wie Anbieter von “sozialen Medien” und ähnlichen Internet-Platformen.

Vergessen oder nicht vergessen?

So ein paar Dinge sollte man bessser nicht vergessen im Leben: Wann der Flieger nach A Coruna abhebt beispielsweise, dort wollen wir Mario treffen, den Helden unserer Geschichte. – Und dann gibt es da die eine oder andere Angelegenheit, die möchte man schon gerne dem Orkus des Vergessens übergeben, peinliche Fotos etwa, unbedachte Kommentare in irgendwelchen Foren, eingehende Hassmails, Rufmord-Campagnen auf Internet… den ganzen Schund eben, den die sogenannten “sozialen Netzwerke” dank toller Suchmaschinen mit Deinem guten Namen verbinden.

Es ist kein Zufall, dass wir in Spanien unterwegs sind, Zielflughafen A Coruna: hier lebt der Mann, der für das Recht auf Vergessen kämpft: Mario Costeja Gonzalez. Mario hat es geschafft, Google in die Knie zu zwingen. Ich klopfe an eine bescheidene Holztüre im ersten Stock. Mario
, ein untersetzter, bereits etwas rundlicher Mann mit Kinnbart, kreisrunden Brillengläsern und einem herzlichen Händedruck bittet mich hinein.

Marios Ringen mit Google

Mario ist wütend. Jedesmal, wenn er seinen Namen googelte, rieb ihm die Suchmaschine eine Geschichte aus den Neunzigerjahren unter die Nase: Schulden. Zwangsversteigerung. Lange ist’s her. Trotzdem “verlinkte” Google die alte Geschichte weiter und weiter mit seinem Namen. Bis in alle Ewigkeit? Das wollte Mario sich nicht länger gefallen lassen, die Sache mit der Zwangsversteigerung im vergangenen Jahrhundert sollte endlich auf sich beruhen, Mario wollte nicht mehr daran denken. Sechs Jahre kämpfte er mit Google. Dann kam die Überraschung. 2014 urteilte der Europäische Gerichtshof
: Mario hat das Recht, vergessen zu werden. Google muss löschen.

Internet ist nicht der Wilde Westen

“Sie haben Europa verändert – und ein bißchen auch die Welt. Warum haben Sie protestiert?”, frage ich Mario, der mich in seinem karg ausgestatteten Büro – er ist Handschriftenexperte – empfängt. “Google ignorierte mich einfach”, erinnert sich Mario Costeja Gonzalez. “Ich fühlte mich hilflos. Dann dachte ich mir: Für uns Europäer sollte es doch einen Weg geben, sich zu wehren. Bei jedem Konflikt mit einer Suchmaschine musste man Bittbriefe in die USA schicken. Es ist schwierig, so einen Internetgiganten wie Google anzugehen, da steht eine mächtige Lobby dahinter.” Mario weiter: “Die Situation, wie wir sie vor dem Gerichtsurteil hatten, war nicht normal: Die großen Technologiefirmen und Suchmaschinenbetreiber verhielten sich wie in einem rechtsfreien Raum. Wildwest w