Mensch Erdogan! - Die Geheimnisse des türkischen Präsidenten

2016-12-14 46

Lächeln sieht man ihn selten, seine Wutausbrüche sind berüchtigt: Recep Tayyip Erdogan ist seit 13 Jahren an der Macht – doch über den Privatmann ist wenig bekannt. Wie tickt der türkische Präsident?


Macht, Moral und Muskelspiele

Mit Hilfe von namhaften Experten, Biografen, Gegnern und Befürwortern zeichnet ZDFzeit ein Psychogramm des türkischen Präsidenten und zeigt, wie ihn sein erbitterter Kampf um die Macht geprägt hat.

Er trinkt keinen Alkohol und besucht stets das Freitagsgebet. Er doziert darüber, dass Verhütung nicht mit dem Glauben vereinbar sei, jede Frau mindestens drei Kinder haben solle und dass Amerika nicht von dem Italiener Kolumbus, sondern von Muslimen entdeckt worden sei. Er lebt in einem Palast mit über 1000 Zimmern, torpediert Korruptionsermittlungen und billigt auch schon einmal öffentlich gewaltsames Vorgehen gegen unliebsame Demonstranten.


Die zwei Gesichter des Politikers Erdogan

ZDFzeit zeigt die Widersprüche eines Mannes, der sich den Begebenheiten der Zeit anpasst und den vor allem eines antreibt: Der Wille zur Macht. So hat es der Außenseiter aus einem ärmlichen Istanbuler Arbeiterviertel bis an die Spitze der Türkei geschafft. Am Beginn seiner Karriere wandelt er sich vom religiösen Hardliner zum konservativen Pragmatiker. Als Ministerpräsident schafft er die Todesstrafe ab, setzt auf die Aussöhnung mit der kurdischen Minderheit und befördert ein türkisches Wirtschaftswunder. Davon profitieren viele im Land, ein Grund für seine große Beliebtheit. 2014 wird er mit absoluter Mehrheit zum Präsidenten der Türkei gewählt. Sein autoritärer Stil - bei seinen Anhängern macht ihn der offenbar noch populärer.

Heute erklärt er Gegner schnell zu Verrätern und besinnt sich seiner islamisch-konservativen Wurzeln. Als im Juli 2016 Teile des Militärs putschen, ruft Erdogan zum Widerstand auf und tausende folgen ihm. Der Putsch wird niedergeschlagen, doch er hat tiefe Ängste freigelegt: 1961 wurde der gewählte türkische Ministerpräsident nach einem Coup vom Militär gehängt. Erdogan war da knapp acht Jahre alt. „Damals habe ich nicht viel verstanden. Aber ich sah, dass mein Vater und meine Mutter sehr bestürzt waren“, erinnert er sich später. Es ist eine von vielen Erfahrungen, die den Präsidenten nachhaltig geprägt haben.