Februar 2016. Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel zu Besuch beim türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Ankara. Die Türkei, für Berlin zu diesem Zeitpunkt ein entscheidender Partner in der Flüchtlingskrise. Ein Deal mit der Türkei sollte dabei helfen, den immensen Andrang von Flüchtlingen und Migranten nach Europa und speziell nach Deutschland abzubremsen.
Doch das bilaterale Verhältnis wird zunehmend belastet. Im Juni beschließt der deutsche Bundestag, vom Osmanischen Reich begangene Massaker an Armeniern während des Ersten Weltkriegs als Völkermord einzustufen. Freude in Armenien, Zorn in der Türkei.
Nach dem gescheiterten Putsch im Juli startet Erdogan dann einen Rachefeldzug unter anderem gegen Journalisten. Und Berlin schickt ein weiteres klares Zeichen des Missfallens nach Ankara: Der deutsche Präsident empfängt Can Dündar, den ehemaligen Chefredakteur der Zeitung Cumhuriyet.
Dündar hat sich nach Deutschland in Sicherheit gebracht. Er hatte in seiner Heimat einen Anschlag überlebt. Ihm wurde vorgeworfen, Staatsgeheimnisse verraten zu haben. 2015 deckte er mit einem Kollegen auf, dass die Türkei Islamisten in Syrien mit Waffen beliefert – darunter wohl auch die Miliz Islamischer Staat.
Seit dem Putschversuch steigt die Zahl inhaftierter Journalisten in der Türkei immer weiter an. Die türkischen Behörden werfen ihnen häufig vor, mit terroristischen Organisationen zu paktieren, sei dies die PKK oder die Gülen-Bewegung.
Für Berlin ist das Vorgehen gegen die türkischen Medien ein Angriff auf die Pressefreiheit. Angela Merkel machte klar:
Was die Türkei anbelangt, ist es für mich, aber auch für die ganze Bundesregierung in höchstem Maße alarmierend, dass das hohe Gut der Presse- und Meinungsfreiheit immer wieder aufs neue eingeschränkt wird.”
Einen Tag später warf Erdogan Deutschland vor, sich taubzustellen angesichts der türkischen Anträge auf Auslieferung mutmaßlicher Putschisten. Und nicht nur das.
Erdogan: “Deutschland, Eure Haltung macht uns Sorgen. Ihr fördert den Terrorismus.”
Deutschland hat sich bereiterklärt, politisch Verfolgten aus der Türkei Asyl zu gewähren. In Deutschland lebt die größte türkische Gemeinde außerhalb der Türkei und die größte kurdische in Europa. Rund eine Million Kurden wohnen in Deutschland. Nach der Verhaftung prokurdischer Persönlichkeiten in der Türkei gab es auch in deutschen Städten Proteste von Kurden. Und viele fürchten, die beiden Gemeinschaften werden ihre Konflikte nun verstärkt auf deutschem Boden austragen.