In Nordfrankreich geht die Räumung des Flüchtlingslagers Calais voran. Bis Mittag haben bereits mehr als 700 Migranten das illegale Camp verlassen.
Die Behörden nennen es eine “noch nie dagewesene Operation”. Zuletzt waren es schätzungsweise 6.500 Menschen, die die als “Dschungel von Calais” international bekanntgewordene Siedlung aus Baracken und Zelten zuletzt bewohnt haben.
Die Menschen hatten sich hier eingerichtet, eine richtige kleine Stadt war entstanden mit Händlern, Restaurant-Baracken und einem Friseur. Einige wollen hier nicht weg, zumindest nicht in andere Flüchtlingsunterkünfte in Frankreich. Sie wollen weiterreisen nach England. Dort werden sie von Familienmitgliedern erwartet oder hoffen auf gute Chancen, eine Arbeit zu finden.
Die Behörden befürchteten Widerstand. In der Nacht zum Montag sah es so aus, als sollten sie Recht behalten. Migranten versuchten, auf die Autobahn zu gelangen, die Polizei drängte sie mit Tränengas zurück. Mehr als 1.000 Polizisten sind bei der Räumung im Einsatz, aber tagsüber verlief die Aktion bisher weitgehend friedlich.
Geplatzte Träume
Einige wollen dennoch Widerstand leisten, sie haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, doch noch auf einem LKW oder irgendwie anderweitig nach England weiterzureisen. “Ich habe keine Angst vor dem Gefängnis”, sagt Ammar Mohammed, ein Flüchtling, der nach eigenen Angaben aus dem Sudan stammt. “Ich will nach England und nur nach England. Nicht nach Frankreich, nicht in ein anderes europäisches Land. England!” Stu Block, Mitarbeiter einer Hilfsorganisation, zeigt Verständnis für die Menschen hier und ihre geplatzten Träume: “Manche haben sich dem Schicksal ergeben, dass sie in Frankreich bleiben müssen. Aber die meisten haben so eine schreckliche Reise hinter sich, nur, um nach England zu gelangen. Und jetzt sind sie daran gescheitert – das bricht ihnen das Herz.”
Es war aber nicht alles gut im Dschungel, und so gibt es auch jene, die das Lager vielleicht gar nicht so ungern hinter sich lassen. Hayat Khan zum Beispiel, er berichtet von Abzockerei und Kriminalität: “Der Dschungel ist nicht gut. Hier gibt es viele Probleme. Manche wollen dein Handy, manche wollen dein Geld, das musst du ihnen dann geben.”
Neben dem Lager warten Busse, die die Migranten in eines der rund 450 Auffangzentren in Frankreich bringen sollen, weit weg vom Kanal, wo man bei gutem Wetter Englands Küste mit bloßem Auge sehen kann. Der Traum von England scheint ausgeträumt für die meisten. Nur unbegleitete Minderjährige dürfen bleiben. Sie werden in Container gebracht und sollen noch in Calais registriert werden. Frankreich besteht gegenüber Großbritannien darauf, dass sie mit ihren Familien zusammengeführt werden, wenn diese bereits in England leben.