Armut kann man riechen. Ein unangenehmer, fauliger Geruch. Es ist feucht bei Emily Dunlop. Die 74-Jährige wohnt mit ihren beiden Enkeln Michael (13) und Michell (14) in einer kleinen Hütte im Wald im US-Bundesstaat Kentucky. Einer der ärmsten Gegenden Amerikas. Emily versucht alles, um den beiden ein ordentliches Heim zu bieten. Aber die Fenster sind nicht dicht, es zieht, Laub liegt im Wohnzimmer.
Schon bei der Begrüßung weint sie. Eine kleine Frau. Ihr T-Shirt war früher mal blau, aber vom vielen Waschen ist die Farbe weg. Früher war das Leben schön, als ihr Mann noch lebte. Ein Elektriker. Doch mit 52 Jahren starb er an einem Herzinfarkt. Emily war allein. Die Dunlops leben von 1300 Dollar im Monat. Sie heizen noch mit Strom, allein das kostet sie 600 Dollar.
Enkel Michael fragen wir, was sein größter Wunsch sei. "Ein Lamborghini", sagt er. "Nein", sagt Emily sofort. "Nenne einen bezahlbaren Wunsch. Etwas für 50 Dollar." Michael: "Ein Paar Sportschuhe." Selbst die Wünsche der Dunlops müssen bescheiden sein. Emily hatte viele Enttäuschungen erlebt. Ihre Schwiegertochter ist abgehauen, hat ihre Kinder Michael und Michell einfach verlassen. Der Vater, Emilys Sohn, ist arbeitslos. Er kommt nur noch selten vorbei, ist kaum ansprechbar. Emily muss allein um die Zukunft der beiden kämpfen. Und die Zeiten sind hart. Denn Amerika geht es nicht gut. Als Erstes spüren das die Armen. Seit Jahren ist Emilys Sozialhilfe nicht gestiegen.
"Ich bin immer noch da. Die Oma", sagt Emily stolz. "Mein amerikanischer Traum ist, alles dafür zu tun, damit die Enkelkinder die Schule schaffen und zur Uni gehen können. Das ist mein größter Wunsch für die Zukunft." Und dann bricht sie in Tränen aus. In einer Hütte im Wald in Kentucky. Wo schon immer die Armen gewohnt haben.
Amerika ist immer noch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Wo jeder eine Chance bekommt. Vom Tellerwäscher zum Millionär, so der Glaube. "Auf der Suche nach dem amerikanischen Traum" heißt der Film von Alice Kelley und Ulf Röller. Die Autoren sind durch den Mittleren Westen, durch das sogenannte Heartland, gefahren, wo das Herz des Landes schlägt. 4000 Kilometer lang ist die Strecke durch die drei Bundesstaaten Kentucky, Tennessee, Missouri. Eine Spurensuche an Orten, die die Seele der Nation bewegen.
Die USA befinden sich im Abstiegskampf. Ihrer Wirtschaft geht es schlecht. Rund 14 Millionen sind ohne Arbeit, 45 Millionen leben von Lebensmittelmarken. Die beiden Kriege, Irak und Afghanistan, haben das Land geschwächt und moralisch angeschlagen.
Die Autoren besuchten auch den Militärstützpunkt Fort Campbell im Bundesstaat Tennessee. 130.000 Soldaten sind dort stationiert. Die berühmte 101. US-Luftlandedivision kommt hier her. Ihre Kämpfer haben O