Marine Le Pen: "Wir haben keinen Platz mehr für Zuwanderer"

2014-12-01 56

Seit 2011 ist Marine Le Pen Chefin der rechtsgerichteten französischen Partei Front National. Gerade wurde die Tochter des Parteigründers Jean-Marie Le Pen mit 100 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt. Bei den Europawahlen holte die Partei die meisten französischen Sitze und Le Pen werden für die Präsidentschaftswahl 2017 ernsthafte Chancen eingeräumt. Wir haben mit ihr in Lyon gesprochen.

Sophie Desjardin, euronews
Marine Le Pen, in den Umfragen sind Sie inzwischen die größte Oppositionspartei. Denken Sie morgens beim Blick in den Spiegel daran?

Marine Le Pen
Ich bereite die große demokratische Veränderung vor, die bei der kommenden Präsidentschaftswahl mit Sicherheit eintreten wird. Das ist unser Anliegen beim Front National, jeder Einzelne von uns kämpft dafür, dass wir an die Macht kommen, um unsere Ideen umzusetzen. Es geht uns nicht um die Macht an sich, sondern wir wollen die Lage unseres Landes verändern.

euronews
Zu Beginn Ihrer Karriere haben Sie als junge Anwältin irreguläre Einwanderer verteidigt. Sie haben, so scheint es, wirklich darum gekämpft, dass diese Leute nicht abgeschoben wurden. Was ist aus dieser Marine Le Pen von damals geworden?

Marine Le Pen
Sie ist immer noch da. Was man verstehen muss, ist, dass man einerseits ein Ereignis wie die Zuwanderung als verheerend für ein Land ansehen kann, ohne aber andererseits die Absicht zu haben, diejenigen dafür zahlen zu lassen, die ja nichts für die Entscheidungen unserer politischen Anführer können. Sie sind ja nicht schuld an der Situation. Wir haben immer gesagt, wir haben nichts gegen Einwanderer, wir haben etwas gegen die, die sie hier herlocken.

euronews
Sie sprechen davon, die Massen-Zuwanderung zu beenden, aber was ist denn mit den Menschen, die illegal hier sind oder mit denen, die versuchen, nach Europa zu gelangen, um sich zu retten?

Marine Le Pen
Sie müssen nach Hause gehen. Ich bin da, um das französische Volk zu retten. Ich verstehe, dass die Menschen leiden, aber ich will, dass wir vor allem anderen zunächst einmal die Fluchtursachen beseitigen. Mein Standpunkt ist ein wenig wie der des Papstes. Das heißt, vor allem die Kriegstreiber zur Verantwortung zu ziehen.

euronews
Ok, nehmen wir an, Sie gewinnen morgen die Präsidentschaftswahl und beenden sofort die Zuwanderung. Sie waren doch auf Lampedusa und haben die Not der Flüchtlinge dort erlebt. Es ist das eine zu sagen, wir mieten ein Boot und fahren sie alle heim, aber würden Sie das Boot steuern?

Marine Le Pen
Waren Sie auf Lampedusa?

euronews
Ja.

Marine Le Pen
Dann haben Sie ja die ganzen jungen Leute gesehen, die herkommen, um zu arbeiten, weil man ihnen vorgelogen hat, es gäbe Arbeit für sie in Europa. Weil man ihnen erzählt hat, hier wäre das Eldorado. Und so sind sie auf eine Art Opfer derselben Lügen, die man auch dem französischen Volk auftischt, das die Folgen dieser Zuwanderung tragen muss und dem man sagt: “hört zu, könnt Ihr Platz machen, da sind noch ein paar Leute ankommen?” Natürlich kann man denen aber nicht Platz machen! Denn es ist kein Platz mehr da.

euronews
Sprechen wir über Europa. Vereinfacht gesagt befürworten Sie einen Austritt Frankreichs aus der EU und dem Euro. Aber wenn Frankreich alleine den Euro verlässt, wäre das sehr kompliziert.

Marine Le Pen
Sagen Sie das nicht zu laut, denn den Ländern, die nicht in der EU sind, geht es damit sehr gut.

euronews
Ja, aber sie waren ja nie in der EU, das ist ein großer Unterschied.

Marine Le Pen
Ah, das heißt also, sobald man drin ist, ist man dazu verdammt, zu bleiben, wollen Sie das sagen?

euronews
Nein, aber es ist schwieriger, auszutreten.

Marine Le Pen
Es ist schwieriger, auszutreten…

euronews
...außerdem wissen wir nicht, was passiert, weil es noch niemand versucht hat.

Marine Le Pen
Das ist genau das Problem, denn das Experiment besteht darin, uns als Versuchskaninchen zu benutzen. Das heißt, man hat uns eine europäische Konstruktion aufgezwungen, die in keiner Weise dem ähnelt, was man uns verkauft hatte. Und jetzt sagen sie uns: “Ups, nein, wir haben nicht über Austrittsmöglichkeiten nachgedacht.” Es ist ziemlich amateurhaft, dass man keine Verfahren eingeplant hat, das dem Willen eines der Völker entspricht, dass man nicht einkalkuliert hat, dass womöglich jemand aus dieser Union austreten will. Sie sehen also, dass diese Europäische Union wirklich wie ein Gefängnis angelegt wurde.

euronews
Was halten Sie von jemandem, der das Unternehmen, in dem er arbeitet, kritisiert?

Marine Le Pen
Das hängt von den Umständen ab, aber wenn es öffentlich geschieht, kann er nicht sehr loyal sein. Warum?

euronews
Was machen Sie also im Europaparlament? Sie beziehen von dort einen Großteil Ihrer Einkünfte…

Marine Le Pen
Das ist sehr nett, Madame, aber ich bin keine Angestellte, ok? Ich bin keine Angestellte der EU, ich bin von den Bürgern gewählt…

euronews
Ja, aber…

Marine Le Pen
Kein Ja, aber! Ich wurde von den Bürgern gewählt, die finden, dass der Front National so viele Abgeordnete wie m

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