Vor zwei Jahren hat Kolumbien auf Kuba Friedensverhandlungen mit der FARC-Guerilla aufgenommen. Der bewaffnete Konflikt dauert nun schon seit über 50 Jahren an. Der kolumbianische Präsident, Juan Manuel Santos, möchte, dass der Frieden nach Ende des Konflikts mit internationaler Unterstützung realisiert wird.
euronews: “Sie zählen auf politische und finanzielle Unterstützung der EU. Wie viel Geld erhoffen Sie sich von Europa?”
Juan Manuel Santos: “Dieser Besuch hat hauptsächlich zum Ziel, um politische Unterstützung zu werben. Diese brauchen wir, um zu einem Ende der Verhandlungen zu kommen. Um den Frieden zu erreichen, fehlen noch zwei komplexe und schwierige Dinge, für die wir die Hilfe der internationalen Gemeinschaft brauchen. Die politische Unterstützung ist sehr wichtig. Die andere Form von Unterstützung, auf die ich bei diesem Besuch hoffe, ist ein institutioneller Fonds der EU, um Projekte nach Beendigung des Konflikts finanzieren zu können. Die Höhe des Betrags muss noch definiert werden, im Moment reden wir über keine konkrete Summe.”
euronews: “Vor der Generalversammlung der UN vor einigen Monaten haben sie gesagt, dass Sie dem Frieden mit der FARC sehr nah sind. Wann denken Sie, wird es so weit sein?”
Juan Manuel Santos: “Es ist unmöglich, das genau zu sagen. Ich hoffe, so bald wie möglich. Je früher wir die Verhandlungen abschließen, desto mehr Leben werden wir retten und desto mehr Leiden werden wir verhindern.”
euronews: “Wird es noch dieses Jahr so weit sein?”
Juan Manuel Santos: “Nein. Ich denke – ganz realistisch – dass wir dieses Jahr nicht zu einer Lösung kommen. Aber ich hoffe dennoch, dass es so bald wie möglich so weit ist.”
euronews: “Wie Sie es gesagt haben, befinden Sie sich gerade in einer entscheidenden Phase. Welchen Herausforderungen müssen sie begegnen?”
Juan Manuel Santos: “Die schwierigsten Punkte sind noch offen. Dazu zählen sogenannte Übergangsregelungen für die Justiz. Wir müssen festlegen, wie das Recht angewendet werden soll, um Frieden zu erreichen. Das ist der Knotenpunkt jedes bewaffneten Konflikts.”
euronews: “Reden wir über die Verwendung der finanziellen Hilfe. Für welche Projekte wird der erwähnte Fonds benötigt?”
Juan Manuel Santos: “Vom Frieden in Kolumbien profitieren nicht nur die Kolumbianer, sondern die Region und die ganze Welt. Denn ein wichtiger Punkt steht auf der Agenda: die Rauschgiftbekämpfung. Wir haben erreicht, dass die Guerilla mit dem kolumbianischen Staat kollaboriert, um illegale Kokapflanzungen durch legale Kulturen zu ersetzten, damit ein Ende des Drogenhandels erreicht wird. Kolumbien ist der weltweit größte Kokainexporteur und der Export geht hier nach Europa und auf die Weltmärkte. Stellen Sie sich das vor: Statt weiter Kokain zu exportieren, wird die Guerilla Alliierte des Staates, um dem Drogenhandel ein Ende zu setzen. Der Frieden wird auch einen positiven Einfluss auf den Klimawandel, auf die Zerstörung des Waldes haben. Kolumbien hat weltweit die reichste Biovielfalt pro Quadratkilometer. “
euronews: “Wird dieser Fonds auch dazu genutzt werden, gegen soziale Ungerechtigkeit vorzugehen?”
Juan Manuel Santos: “Natürlich, diese Politik verfolgen wir bereits. Kolumbien ist in den vergangenen 4 Jahren zu dem Land geworden, das die Armut prozentual gesehen am stärksten reduziert hat, in ganz Lateinamerika. Wir haben noch viele Dinge zu tun. Doch dies ist ein grundlegendes Ziel. Ich habe angekündigt, dass meine Vision für Kolumbien ein friedliches Land ist, dass gerechter ist und bessere Bildung bietet.”
euronews: “Nochmal zum Drogenhandel. Laut eines Berichts der Vereinten Nationen hat Kolumbien seine Kokainproduktion im vergangenen Jahr nur um 13 Prozent reduziert. Die Kulturen sind geblieben. Abgesehen von der erwarteten Unterstützung durch die FARC, welche Maßnahmen hat die Regierung gegen den Drogenhandel unternommen?”
Juan Manuel Santos: “Wir haben einen gewissen Erfolg verzeichnen können im Hinblick auf die großen Mafiagruppen, die es gab und die auf der kolumbianischen Demokratie lasteten. Sie existieren nicht mehr. Alle großen Barone sind entweder im Gefängnis oder unter der Erde. Der Handel besteht aber weiter. Denn solange es hier in Europa, in den USA und auf dem internationalen Markt eine Nachfrage gibt, wird auch das Angebot bestehen.”
euronews: “Letzten Informationen zufolge hat die FARC Opfer um Vergebung gebeten. Ist es wahr, Herr Präsident, dass Mitglieder der FARC Zugang zum Parlament haben und am politischen Leben teilhaben? Dazu gibt es immer wieder Kritik…”
Juan Manuel Santos: “Genau darum geht es, wenn wir über Frieden reden. Dass sie ihre Waffen abgeben, die Gewalt beenden und auf demokratische Art und Weise Politik betreiben. Darum geht es im Friedensprozess. Ob sie Sitze im Parlament haben oder nicht, das werden wir in den Vereinbarungen festlegen. Das Ziel ist, dass sie ihre Ideale und ihren politischen Kampf beibehalten aber Waffen und Gewalt ein Ende haben.”
euronews: “Einer der kritischsten Pu