Manchmal grübelt Amber die ganze Nacht, kommt vor Sorgen kaum in den Schlaf und fühlt sich am nächsten Morgen wie gerädert. Seit vier Monaten lebt sie mit ihren beiden kleinen Mädchen in San Diego im Auto, während ihr Mann als Tagelöhner im fernen Kentucky arbeitet. Sie gibt die Hoffnung nicht auf eines Tages wieder auf die Beine zu gelangen. Genau wie der 52-jährige Amerikaner Larry Dodson. Er grinst. Obwohl ihm gar nicht zum Lachen zumute ist. Er begrüßt im Vergnügungspark "Disney World" in Orlando, Florida, die Touristen. Früher war er Abteilungsleiter in einer amerikanischen Kaufhauskette.
Vor zwei Jahren verlor er seinen Arbeitsplatz. Seither schlägt er sich mit seiner Frau und zwei Kindern in einem Zimmer in einem billigen Motel durch. Und auch dann bleiben der Familie nur 70 Dollar zum Leben. Terry Lawson, ein ehemaliger Vertriebsmanager, tingelt auch von Motel zu Motel zusammen mit einer steigenden Anzahl mittellos gewordener Amerikaner.
Die Bankenkrise von 2008 wirkte sich vor allem auf Amerikas arme Unterschicht aus. In der jetzigen Schuldenkrise des US-Haushaltes leidet in erster Linie die Mittelschicht. Täglich verlieren Amerikaner ihren Job und fallen ins Bodenlose - mit nur wenig sozialer Unterstützung. Viele von ihnen finden nicht zurück in ihr altes Leben. Im Mai wird das Ringen über die Schuldengrenze wieder einen Höhepunkt erreichen und dann drohen wieder Entlassungen und weitere Kürzungen im Sozialbereich.
Der WELTWEIT-Autor Philippe Levasseur begleitet die Familien sechs Monate lang.