Im euronews-Interview spricht Ban Ki-moon, Generalsekretär der Vereinten Nationen, unter anderem über die Organisation Islamischer Staat, die internationalen Militäreinsätze im Irak und Syrien sowie die Waffenruhe in der Ukraine. Und der Koreaner nimmt Stellung zum Thema Klimawandel. Ban fordert zu unverzüglichem Handeln auf.
euronews:
Krieg, Terrorismus, Seuchen, Klimawandel. Die Politikelite ist zu einem Klimagipfel und zur Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York. Auf der Erde scheint es derzeit ziemlich ungemütlich zu sein – trotz UN-Mandaten, um Frieden und Sicherheit zu gewährleisten. Haben Sie das Gefühl, dass die Dinge aus dem Ruder laufen?
Ban Ki-moon:
Die Vereinten Nationen führen den Kampf gegen all diese Herausforderungen an. Dazu gehören die Organisation Islamischer Staat, Terrorismus und der Ebola-Ausbruch in Westafrika. Natürlich gibt es auch andere Probleme im Südsudan, in der Zentralafrikanischen Republik, Libyen, Somalia. Wir scheinen in einer Welt zu leben, in der es zahlreiche Krisen gibt. Aber wenn die Welt zusammensteht, können wir diese Krisen lösen. Es ist gut und ermutigend, dass viele der führenden Köpfe zur Vollversammlung der Vereinten Nationen kommen. Das ist der passende Augenblick, ihre Führungsqualitäten zu demonstrieren. Einigkeit in der Sache ist sehr wichtig.
euronews:
Wir haben unsere Zuschauer im Internet aufgefordert, sich an diesem Interview zu beteiligen, und wir haben hunderte Fragen erhalten. Dominik Gora fragt: Können Sie die derzeit größte Gefahr benennen?
Ban:
Diese Vollversammlung befasst sich mit drei Krisen, die am wichtigsten sind. Zunächst mit dem IS-Terrorismus, der eine Bedrohung für die gesamte Menschheit ist. Das Thema müssen wir zusammen angehen – mit großer Einigkeit und Solidarität.
Zweitens der Klimawandel, eines der entscheidenden Probleme unserer Zeit. Damit müssen wir uns befassen, um den weltweiten Temperaturanstieg unter zwei Grad Celsius zu halten. Wenn wir jetzt nicht handeln, werden wir einen viel höheren Preis zahlen.
Und ein anderes Thema ist der Ausbruch von Ebola in Westafrika. Dies sind die drei derzeit entscheidenden, wichtigsten und ernsthaftesten Krisen, die unverzügliches Handeln und die Mobilisierung enormer Mittel und politischen Willens fordern. Deswegen sind wir hier versammelt.
euronews:
US-Präsident Barack Obama sagte, er könne die Vollversammlung der Vereinten Nationen dazu nutzen, mehr Unterstützung für den Kampf gegen IS zu gewinnen. Er sagte, er wolle diese Gruppe – und ich zitiere – schwächen und schließlich zerstören. Glauben Sie, dass es tatsächlich möglich ist, eine Gruppe wie den Islamischen Staat zu zerstören?
Ban:
Wir benötigen aufeinander abgestimmte, ernsthafte Unterstützung und Solidarität, um diesen Terrorismus anzugehen und anzugreifen. Deshalb müssen wir alle Mittel mobilisieren. Ich bin Präsident Obama, den Führern der westeuropäischen Staaten wie Frankreich und Großbritannien sowie Australien dankbar, die großen Willen zeigen, ihre Mittel zur Verfügung zu stellen. Und ich bin den vielen anderen Ländern dankbar, die ebenfalls wirklich gewillt sind, dies zu tun. Geschieht das nicht, dann habe ich die Befürchtung, dass diese terroristische Gefahr sich auf der ganzen Welt ausbreitet.
euronews:
Wären Sie als der Diplomat der Diplomaten bereit, mit dem Islamischen Staat zu verhandeln?
Ban:
Wir haben die Grausamkeit, die Tragik, das nicht zu akzeptierende und entsetzliche Verhalten, die Brutalität gesehen. Darüber müssen wir zuerst sprechen. Wir müssen den starken Willen der internationalen Gemeinschaft zeigen, dass wir diese terroristische Gefahr niemals zulassen werden.
euronews:
Die Strategie ist sehr kompliziert, wenn man es mit einer Gruppe wie IS zu tun hat. Fühlen Sie sich wohl dabei, dass eine Koalition im Irak eine militärische Mission ohne UN-Mandat ausführt?
Ban:
Im Prinzip sind die militärischen Mittel nicht die einzigen. Sehen Sie die vier langen Jahre der Krise, der Tragödie in Syrien. Diese syrische Tragödie war die perfekte Brutstätte für den Terrorismus, dort seine Saat zu streuen. Das ist eine sehr gefährliche Situation, und wir erwarten von den führenden Politikern weltweit, dass sie auf die Menschen zugehen und dass sie hören, was die Menschen sagen. Welche sind ihre Herausforderungen, ihre Sorgen und ihre Hoffnungen?
euronews:
Aber können Sie die Bombardierungen im Irak, die von den USA und Frankreich durchgeführt werden, gutheißen?
Ban:
Ich habe die US-Militäroperationen im Irak gutgeheißen, die von der irakischen Regierung angefordert wurden. Die habe ich gutgeheißen. Natürlich brauchen wir Solidarität all der Länder, die die Mittel und den Willen haben, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Denn dies ist eine Gefahr für die gesamte Menschheit.
euronews:
Was ist mit Syrien? Wie geht man mit Syrien um? Denn die Strategie ist dort alles andere als klar. Ich zitiere den russischen Außenminister Sergej Lawrow, der sagte: “Syrien und Iran sind in diesem Kampf unsere lo