Gottvertrauen – Die Deutschen und ihr Glaube
Folge 28 - (1998)
Am Anfang des Jahrhunderts wird Glaube öffentlich zelebriert: Wallfahrten bieten in katholischen Gegenden die Chance, aus dem eigenen Dorf herauszukommen. Gläubige organisieren sich in zahllosen Laienvereinigungen, die sich unter anderem auch für soziale Ziele engagieren. Die Konfessionen sind streng getrennt, Heiraten über Glaubensgrenzen hinweg sind verpönt. Die Nationalsozialisten drängen das Glaubensleben aus der Öffentlichkeit in die Kirchen zurück. In der ‚Reichskristallnacht‘ vom 9. auf den 10. November 1938 zerstören die Nazis jüdische Friedhöfe, Synagogen, Wohn- und Geschäftshäuser. Jüdische Gläubige werden deportiert und in Konzentrationslagern ermordet. Nach Kriegsende erlebt der Glaube zunächst eine Renaissance. In den Gottesdiensten suchen die Deutschen Trost. Kirchen- und Katholikentage entwickeln sich zu breiten Massenbewegungen.
Seit den 60er Jahren machen Sekten wie die Hare-Krischna-Jünger, Jesus-People, die Bhagwan-Bewegung oder die Scientology-Kirche von sich reden. Mit der Anwerbung ausländischer Arbeitnehmer finden Muslime in Deutschland eine zweite Heimat: Moscheen entstehen. Am Ende des 20. Jahrhunderts - Online-Bibelkreise im Internet, fromme Kirchgänger, kritische Kirchenvolksbegehrer, Kloster auf Zeit und New Age. Immer weniger Deutsche wollen sich an die katholische oder evangelische Kirche binden, die Zahl der Kirchenaustritte steigt. Glaube wird zur Privatsache und entzieht sich mehr und mehr dem Einfluß der Kirchen.