Die Zwanziger Jahre - 3v3 - Absturz aus der Moderne - 2005 - by ARTBLOOD

2014-07-19 90

Amerikanische Kredite hatten es der deutschen Wirtschaft ermöglicht, sich schon Mitte der zwanziger Jahre von den Auswirkungen des Ersten Weltkrieges zu erholen. Durch Firmenzusammenschlüsse können sich nun auch deutsche Unternehmen auf dem Weltmarkt behaupten. Es entstehen die IG Farben und die Vereinigten Stahlwerke. Mercedes wird ein Großkonzern, Quelle startet sein Versand-Geschäft, AEG und Siemens treiben die Elektrifizierung der privaten Haushalte voran. Die Moderne hält Einzug in Küche und Wohnzimmer. Das Bauhaus in Dessau wird zum Inbegriff fortschrittlicher Architektur: funktional, sachlich, schnörkellos. In den Naturwissenschaften geht jeder dritte Nobelpreis an deutsche Forscher. Autos, Flugzeuge, U-Bahnen und Zeppeline bestimmen das Tempo der Zeit. Sportliche Erfolge und Rekorde auf allen Gebieten stärken das gebrochene Nationalgefühl. Schneller, höher, weiter: Deutschland ist wieder wer!

Die Kehrseite: Arbeitslose, die in trostlosen Mietskasernen hausen, und eine zunehmende Radikalisierung der Politik aufgrund der sozialen Spannungen. Eine verunsicherte Mittelschicht, vom Fortschritt überrannt. Und die Großindustrie, die aus Angst vor einer sozialen Revolte den Aufstieg der Nationalsozialisten mitfinanziert.

Die Weltwirtschaftskrise 1929 bringt die schillernde Seifenblase zum Platzen, die Abhängigkeit von der amerikanischen Wirtschaft erweist sich als verhängnisvoll. Fünf Millionen Arbeitslose und bürgerkriegsähnliche Zustände auf den Straßen lassen den Wunsch nach Ruhe und Ordnung wachsen.

Fortschritt und Moderne gehen damals an den Bedürfnissen der meisten Menschen vorbei, so dass sie die Vorteile der Demokratie nicht erkennen. "Deutschland war zu arm, um sich Gold an die Fahne zu heften", sagt einer der Zeitzeugen.
Aus dem Freudenhaus wird ein Totenhaus.